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Anfertigung von Kalotypien ( Talbotypie ) oder die Fotografie auf Papier

Eine Studienarbeit von Diether Münzberg an der FH Bielefeld aus dem Jahr 1974

 

Prinzip des Verfahrens:

Als Träger der lichtempfindlichen Schicht verwendet man bei der Kalotypie ein rel. dünnes, leicht durchscheinend zu machendes, aber dennoch gut geleimtes Schreibpapier.

Diese Forderungen wurden früher an das zu verwendende Papier gestellt. Heute kann man sich die Sache etwas einfacher machen, indem man ein bereits schon durchscheinendes Papier benutzt (Transparentzeichenpapier von 7o - loo g/m2). Den Vorgang des Papierwachsens kann man sich also ersparen. Das Auftragen der fotografischen Schicht, oder besser gesagt, daß Tränken des Papiers mit den lichtempfindlichen Substanzen geschieht im sog. Badeverfahren. Im Gegensatz zu anderen Methoden, z.B. der Streichmethode, bei der das Auftragen mit einem Pinsel geschieht, wird hierbei der gesamte Papierfilz mit den Chemikalien getränkt.

Ausgangspräperat ist das Silbernitrat, das im Verlauf des Prozesses zur Empfindlichkeitssteigerung in ein Silberhalogenid (Silberjodid/bromid) überführt wird. Im stark essigsauren Silbernitratbad erhält es dann seine letzte Empfindlichkeit.
Besser durchgezeichnete Negative erhält man, wenn man dem letzten Silbernitratbad noch etwas Gallussäure hinzufügt. Dabei muss man jedoch mit einen Empfindlichkeitsverlust von 4 - 6 Blenden rechnen. Ich bevorzuge die höhere Empfindlichkeit, denn die hierbei erzielten Negative sind in der Grauwertabstufung völlig ausreichend, zumal Abzüge von Papiernegativen in der Regel eher flau als kräftig ausfallen.

Zur Belichtung bringt man das nasse Papier auf eine Glasscheibe, durch die hindurch das Papier belichtet wird. Die Glasseite ist also dem Objektiv zugewandt. Die Entwicklung erfolgt unmittelbar nach der Belichtung.

Unter Berücksichtigung von Belichtungszeit, Temperatur des Entwicklers und anderen zu beachtenden Faktoren, ergibt sich eine Entwicklungszeit von 15 - 3o min. Im Anschluss daran wird in einer 10%igen Natriumthiosulfatlösung fixiert, gewässert und schließlich getrocknet.

Es empfiehlt sich, bei der Arbeit mit den Chemikalien Gummihandschuhe anzuziehen, um Verätzungen und Verschmutzungen der Haut vorzubeugen. Um mögliche Fehlerquellen auszuschalten, die bei unsauberem Arbeiten unvermeidlich auftreten, ist jede überflüssige Berührung des Papiers zu vermeiden.

 

Durchführung des Verfahrens:

1. Papierwahl

Zur Anwendung kommt ein hochwertiges, holzfreies Transparentzeichenpapier von 70 - 100 g/m2. Es könnten noch eine Reihe weiterer Kriterien für ein geeignetes Papier genannt werden, was sich allerdings erübrigt, da heutige Papiere in der Regel von besserer Qualität sind als vor rund
120 Jahren, und sich das oben genannte Papier eben wegen seiner Transparenz geradezu anbietet. Es eignet sich fast jedes Pergamentpapier zur Negativherstellung, sofern es nicht gerade Butterbrotpapier-Qualität aufweist.

Als besonders empfehlenswert hat sich ein Transparentpapier erwiesen, das zur besseren Maßhaltigkeit mit einer Polyesterfolie inseitig versehen ist (DIAMANTTRIPLEX der Fa. Gebr. Hoesch, Bad Kreuznach). Dieses Papier trocknet sehr glatt auf, und verhindert darüber hinaus ein zu tiefes Eindringen der Sensibilisierungsflüssigkeiten. Bereits erwähnt wurde die gute Maßhaltigkeit des Materials, durch die Motivverzerrungen bedingt durch das Schrumpfen des Papiers während der Trocknung, größtenteils verhindert werden. Das Papier wird, dem Kameraformat entsprechend, zugeschnitten. Zum Anfassen bleibt an den Schmalseiten jeweils eine Lasche stehen. Die Berührung der einzelnen Bäder mit den Fingern wird dadurch vermieden. Das Papier ist nun zur Weiterverarbeitung fertig.

2. Präparation des Papiers

Das zurechtgeschnittene Papier wird nun nacheinander in ein 3,2 %iges Silbernitratbad (1), ein 4,5/0,6 %iges Kaliumjodid- bromidbad (2) und schließlich in ein stark essigsaures, 9,0 %iges Silbernitratbad getaucht.

Will man sich Papier auf Vorrat anfertigen, so kann das Verfahren nach dem KJ/KBr-Bad unterbrochen werden, und das getrocknete Papier so mehrere Wochen an einem dunklen, trockenen Ort aufbewahrt werden. Zur Aufnahme des Bildes muß es dann nur noch
in das essigsaure Silbernitratbad gebracht werden. Im Einzelnen wird auf folgende Weise vorgegangen:
Das Papier wird an den Laschen angefasst und derart in das erste Silbernitratbad gebracht, daß keine Luftblasen an dem Papier anhaften. Die Laschen dürfen nicht mit eingetaucht werden, und müssen darüber hinaus im gesamten Prozess trocken bleiben, damit keine Chemikalienübertragung von den Handschuhen stattfinden kann. Die Behandlungsdauer in dem Bad beträgt 2 min.
Im Anschluss daran wird das nasse Papier zwischen einige Lagen Filterpapier gelegt und leicht mit einem Rollenquetscher überfahren, um überschüssige Flüssigkeit zu entfernen. Nach vorsichtigem Abheben vom Filterpapier wird es in der oben beschriebenen Weise in das 4,5/0,6%ige KJ/KBr-Bad gelegt. Zur quantitativen Umsetzung des Silbernitrat in Silberjodid/bromid verbleibt es dort 2 min. Nach dem Herausheben aus dieser Lösung, und grobem Abtropfen, wird es jetzt in einer großen Schale mit viel dest. Wasser abgespült. Dieses Abspülen darf höchstens 3o sek. dauern, muss aber dennoch sehr gründlich sein, da freies Kaliumjodid/bromid auf dem Negativ Flecken verursachen würde. Für jedes Blatt Papier muss frisches Wasser benutzt werden.
Wird der Prozess hier unterbrochen, so hängt man das Papier einfach zum Trocknen auf eine Leine (Dunkelheit oder Saftylight!).

Wird das Papier gleich Weiterverarbeitet, so bringt man es nun in die 9%ige Silbernitratlösung (3), deren Herstellung im Anhang genau beschrieben ist, worin es 3o sek. verbleibt. Das noch tropfnasse Papier wird nun derart auf eine gut gereinigte Glasplatte gebracht, das sich zwischen Papier und Glas keine Luftblasen festsetzen können. Das erreicht man dadurch, dass man das durchgebogene Papier in der Mitte der Platte aufsetzt, und die Enden dann langsam zu den Seiten herablässt. Durch Adhäsion haftet das Papier nun halbwegs fest und glatt an der Scheibe an. Die Rückseite wird mit Filterpapier von überschüssiger Flüssigkeit befreit. Um ein Austrocknen während der Belichtungszeit zu verhindern, was wiederum Fleckenbildung zur Folge hätte, wird nun auch auf die Rückseite eine Glasplatte gelegt, so das das Papier zwischen zwei Gläser zu liegen kommt. Das präparierte Papier ist nun zur Aufnahme des Bildes bereit. Das Papier, welches nach dem KJ/KBr-Bad getrocknet wurde, wird in der gleichen Weise, wie oben angegeben, weiterverarbeitet. Der gesamte Arbeitsgang ist bei Dunkelkammerlicht durchzuführen.

Die einzelnen Bäder müssen nach jedem Gebrauch durch ein Faltenfilter filtriert werden, damit jegliche Verschmutzung durch Fremdstoffe vermieden wird.

 

3. Belichtung in der Kamera

Die beiden Glasscheiben mit dem dazwischen liegenden Papier werden nun so in die Kassetten eingelegt, dass die Scheibe, auf die das Papier zuerst gelegt wurde, in der Kamera dem Objektiv zugewandt ist. Das Material ist relativ unempfindlich und erfordert eine lange Belichtungszeit.
Bei einer Blendenöffnung von 1 : 4,5 und offener Sonne muss mindestens 3o sek. belichtet werden, um gut gedeckte Negative zu erhalten. Es ist zwar möglich, eine Zeit von unter 15 sek. zu erreichen, jedoch müßten dann eine Vielzahl von Versuchen von mir durchgeführt werden, die zu beschreiben im Rahmen dieser Arbeit zu weit führen würden. Im Anschluß an die Belichtung muß die Entwicklung sofort durchgeführt werden. Der Aufnahmeort beschränkt sich also auf die unmittelbare Nähe des fotografischen Labors.

 

4. Entwicklung

Zur Entwicklung kommt eine kaltgesättigte Gallussäurelösung (4) zur Anwendung, deren Herstellung im Anhang angegeben ist.
Die beiden Glasplatten, zwischen denen das Papier liegt, werden behutsam getrennt, und das Papier mit der belichteten Schichtseite nach oben glatt auf eine Glasscheibe ( 3ox4o ) ausgebreitet. Hier wird es dann zur Entwicklung mit der Gallussäure zügig, aber behutsam mit einem Pinsel bestrichen. Der Pinsel ist in einem extra Gefäß aufzubewahren und darf nicht in die frische Gallussäure getaucht werden. Die Lösung wird vielmehr auf das Papier gegossen und dann zügig mit dem Pinsel verrieben. Bereits nach wenigen Sekunden sind die Spitzlichter schon zu erkennen. Um aber eine gute Schattendurchzeichnung zu erhalten, sollte die Belichtungszeit auf eine Entwicklungszeit von mindestens 15 min. abgestimmt sein. Diese Zeit kann ohne weiteres auf 30 min. oder sogar 1 Stunde ausgeweitet werden. Bei richtiger Belichtung ist eine Überentwicklung der Lichter nach meiner Erfahrung kaum möglich, die Schattendurchzeichnung wird hingegen erheblich verbessert. Das alles bedeutet noch lange nicht, dass eine zu kurze Belichtungszeit durch eine übermäßig lange Entwicklungszeit ausgeglichen werden kann. Hoffnungslose Unterbelichtung bringt selbst bei stundenlanger Entwicklung kein brauchbares Negativ zustande. Nach 15 min. kann für ca. 10 sek. das normale Zimmerlicht angeschaltet, und der Fortgang der Entwicklung überprüft werden. Anfänger lassen sich dabei gerne von der scheinbaren Kraft der Negative täuschen, und unterbrechen viel zu früh die Entwicklung, Die Enttäuschung wird sehr groß sein, wenn nach dem Fixierbad nur noch sehr wenig davon übrig bleibt. Von daher ist eine endgültige Beurteilung erst nach dem fixieren möglich. Hier muß jeder, der sich mit dieser speziellen Art der Fotografie befasst, auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Nach Beendigung der Entwicklung wird das Papiernegativ ca. 30 sek. in dest. Wasser abgespült, dann in das Fixierbad gebracht.

 

5. Fixierung

Dadurch, dass das Badeverfahren angewendet wurde, ist logischerweise auch die lichtempfindliche Schicht tief in den Papierfilz eingedrungen.
Um diese nun vollständig zu entfernen, muss mindestens 2o min. fixiert werden. Als Fixierbad verwendet man eine 10 - 12 %ige Natriumthiosulfatlösung ( Fixiernatron ).

 

6. Wässerung

Es wird mindestens 45 min. in fließendem Leitungswasser gewässert. Zuletzt wird das Negativ mit dest. Wasser abgespült und zum Trocknen aufgehängt.

 

7. Trocknung der Negative

Wurde normales Transparentpapier benutzt, so muss man bedenken, dass dieses sich, sofern es nass wird, um ca. 10 % in eine Richtung ausdehnt. Dieser Vorgang wird beim trocknen natürlich rückläufig, und dabei kann es zu erheblichen Motivverzerrungen kommen. Darüber hinaus trocknet das Papier so wellig auf, dass man beim Kopierprozess mit erheblichen Schwierigkeiten rechnen muss. Um diese Welligkeit zu verhindern habe ich die Papiere auf folgende Weise getrocknet: Das tropfnasse Papier wird zwischen mehrere Lagen Filterpapier gebracht und gut abgetrocknet. Danach kommt es zwischen mehrere Lagen neues Filtrierpapier und wird so, unter Druck - etwa in einem Buch mit schwerer Auflage - zwei Stunden lang gepresst. Das Papier ist nun fast trocken und zur letzten Glättung wird es über Nacht ohne Fließpapier in ein dickes Buch gelegt. Das Negativ ist nun so glatt, dass ohne Schwierigkeiten Kopien angefertigt werden können.

 

8. Durchscheinendmachen des Negativs

Früher benutzte man zur Herstellung der Papiernegative ein ziemlich kräftiges Briefpapier, das erst dann kopierfähig war, wenn man es durch tränken mit Wachs durchsichtig gemacht hatte. Heute kann man sich diesen Arbeitsgang ersparen, da modernes Transparentpapier diese benötigte Durchsichtigkeit schon grundsätzlich besitzt. Eine zusätzliche Behandlung mit Wachs bringt keine wesentliche Verbesserung.

 

Geräte und Chemikalien
  • Mehrere Entwicklungs- und Wässerungsschalen zur Aufnahme der verschiedenen Flüssigkeiten.

  • 1 Paar Gummihandschuhe.

  • Ausreichende Mengen Filtrierpapier.

  • Faltenfilter zum Filtrieren der Lösungen.

  • Transparentpapier in benötigter Menge.

  • 1 Schaumstoffpinsel zur Entwicklung.

  • 2-3 Glasscheiben ca. 3ox4o.

  • 6-8 Glasscheiben im Kassettenformat.

  • 1000 ml 3,2 %ige Silbernitratlösung.

  • 1000 ml essigsaure 9,0 %ige Silbernitratlösung

  • 1000 ml 4,5/0,6 %ige Kaliumjodid- bromidlösung

  • 500 ml kalt gesättigte Gallussäurelösung

  • 1000 ml 10 %ige Natriumthiosulfatlösung.

  • Ausreichende Mengen dest. Wasser oder filtriertes dest. Wasser.

Alle Lösungen müssen mit dest. Wasser oder dest. Wasser angesetzt werden. Leitungswasser enthält zuviel Chlor!

Wer will, kann sich hier einige Bildergebnisse anschauen.

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