top of page

Verfahren: Platin- Palladiumdruck

Verfahrenstyp: Eisensalzverfahren

Text: D. Münzberg (Hamburg,1999)

 

Erfinder

Die Entdeckung der Lichtempfindlichkeit von bestimmten Eisensalzen im Jahr 1832 geht zurück auf John Frederick William Herschel (1739‐1822). Auch das älteste Eisensalzverfahren, die Cyanotypie, datiert aus dem Jahr 1842 und wurde ebenfalls von Herschel entwickelt.

Der Platindruck, ein weiteres Eisensalzverfahren, geht auf die Forschungsarbeit von William Willis (1843‐1923) zurück, der die Platinotypie 1873 in London der Öffentlichkeit vorstellte. Ab 1879 brachte Willis sensibilisiertes Papier auf den Markt und vergab Lizenzen für sein Verfahren.
Die Kontaktkopiertechnik wurde schnell populär, einerseits wegen der eleganten Grautöne, andererseits deshalb, weil mit ihr unter noch vertretbarem Aufwand sehr haltbare Kopien hergestellt werden konnten. Umfassende Verbreitung fand der Platindruck aber erst nach Veröffentlichung einer detaillierten Beschreibung dieser Kopiertechnik durch die Österreicher Josef Pizzighelli (1842‐1912) und Arthur Baron Hübl (1853‐1932) im Jahr 1883.

 

Prinzip

  • Es handelt sich um ein Kontaktkopierverfahren, bei dem ein Negativ in der Größe des späteren Bildformats vorliegen muss.

  • Der Platindruck kann in zwei Varianten ausgeführt werden, entweder als Entwicklungs- oder als Auskopierverfahren.

  • Das Prinzip ist bei beiden gleich: Mittelstarkes, glattes Papier wird mit einem Gemisch aus Eisen-III-oxalat (alternativ beim Auskopierverfahren: Ammoniumeisen‐ III-oxalat) und einem entsprechenden Platinsalz beschichtet und unter einem Negativ im Kontakt in der Sonne oder mittels einer starken UV-Lichtquelle belichtet. Das sich unter Lichteinwirkung verändernde Eisensalz reduziert entsprechende Mengen des Platinsalzes zu metallischem Platin, vergleichbar dem Reduktionsprozess in der klassischen Silberphotographie.

  •  Benutzt man Eisen-III-oxalat im Gemisch, muss das Bild noch in reduzierenden Substanzen entwickelt werden. Bei Verwendung von Ammoniumeisen-III-oxalat kopiert die Schicht bei hinreichendem Feuchtigkeitsgehalt bereits während des Belichtens aus. Dabei gilt: Je feuchter die Schicht, um so schwärzer der Bildton – je trockener, desto brauner erscheint das Bild.

  • Kontraststeuerung ist über die Zugabe oxidierender Substanzen, zum Beispiel Kaliumchlorat, möglich. Mit reinem Platin in der Sensibilisierung ergeben beide Varianten immer einen schwarzen Bildton. Substituiert man einen Teil des Platins durch Palladium, ergeben sich wärmere Schwarz- oder Brauntöne. Üblicherweise benutzt man heute ein Gemisch aus Platin- und Palladiumsalz im Verhältnis 1:2.

  • Die Kopien werden nicht wie üblich fixiert, sondern in schwach angesäuertem Wasserbad nur noch von Eisensalzresten befreit und nach gründlicher Schlusswässerung getrocknet

Anwendungszeitraum

Der Platindruck hat bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt und ist sicher als die populärste der historischen Kopiertechniken anzusprechen. Die Eleganz der matten Bildoberfläche, die Harmonie der Tonwerte und die Haltbarkeit der Drucke waren wesentliche Argumente für den Einsatz dieser Kopiertechnik, die heute wieder viele Freunde im Bereich zeitgenössischer künstlerischer Photographie gefunden hat. Seine Blütezeit erlebte er ab etwa 1883 bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs. Er geriet in Vergessenheit, als die Verknappung des edlen Metalls zu dramatischem Preisanstieg führte. In den USA kam er nie ganz aus der Mode und ist dort heute, ebenso wie in Europa, als künstlerische Kopiertechnik wieder sehr beliebt. Fertig sensibilisiertes Platindruckpapier kann man aus den USA beziehen. Besser aber ist es, das Papier mittels der hier erhältlichen Chemikalien selbst zu beschichten; Gradation und Bildton lassen sich so durch entsprechende Zusätze zur Sensibilisierungslösung optimal steuern.

 

Eigenschaften

Die Bilder sind grundsätzlich detail- und tonwertreich. Durch Einlagerung des metallischen Platins direkt in den Papierfilz, ohne störende Kolloidschicht (Gelatine), erhält man ein mattes Bild, das zwar nicht die Brillanz eines modernen Barytabzuges (Silbergelatine auf barytiertem Papierträger) hat, dessen Harmonie der Tonwerte aber unerreicht ist. Die Qualität einer Platinotypie ist nur mit der einer perfekt gedruckten Heliogravüre vergleichbar.

Freiraum für photographische Experimente im Sinne des Eingreifens in den Kopierprozeß gibt es jedoch kaum. Deshalb benutzte man früher gerne zarte und tonwertreiche Platindrucke als Basis für einen aufgesetzten Gummidruck, der dann seinerseits ein Höchstmaß an individueller Gestaltung zuließ, etwa durch zusätzliche Manipulation mit dem Pinsel. Bekannt sind in diesem Zusammenhang die Bilder des Amerikaners Edward Steichen. Die Qualität des Platindrucks hängt ganz entscheidend von der Beschaffenheit des verwendeten Papiers ab. Manche modernen, stark gepufferten Papiere stören erheblich den chemischen Prozeßverlauf und können deshalb nicht verwendet werden. In der modernen Literatur und im Internet findet man aber genügend Hinweise auf brauchbare Papiere, die über Spezialfirmen zu beschaffen sind.

 

S 71b.jpg

Nach einem braunen Platindruck von Sergej Lobovikov

Bäuerin

1903 ‐1905

 

Abb. 1

PIatin/Palladiumdruck Auskopierverfahren

Um den braunen Farbton des Originals reproduzieren zu können, ist es notwendig,
50 % des Platinsalzes durch entsprechendes Palladiumsalz zu ersetzen.

Bei einem Feuchtigkeitsgehalt der Kopierschicht von ca. 65 % ergibt

sich der gewünschte Braunton.

S72a.jpg

Abb. 2
PIatin-Palladiumdruck
Wie Abb.1, jedoch bei 75 %
Feuchtigkeitsgehalt kopiert.
Es ergibt sich ein etwas dunklerer
Braunton,und die Kopie wird etwas härter.

S72b.jpg
S72d.jpg

Abb. 3
Platindruck
Wie Abb.1,es wurde jedoch mit reinem
Platinsalz kopiert. Der Farbton ist hierbei
immer ein neutrales Schwarz, unabhängig
vom Feuchtigkeitsgrad der Kopierschicht.

Abb. 4
Platin/Palladiumdruck
Wie Abb.1, jedoch
mit einem Pinsel
aufgetragene Beschichtung.

S72c.jpg

Abb. 5
Platin-Palladiumdruck
Wie Abb.1‚ jedoch auf weniger gut
geeignetem Papier kopiert. Die Weißen
des Bildes bleiben gelblich, weil überschüssiges Eisensalz sich nicht mehr vollständig
auswaschen läßt.


Alle Platin-Palladiumdrucke wurden von
Diether Münzberg ausgeführt.

bottom of page