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Chemie

Einige Anmerkungen über die Chemie der handcoatet Photography.

Anders als in der zeitgenössischen Fotografie, deren Hauptargument in der Regel die Farbe ist, verwenden die historischen Verfahren Farbe nur in den Fällen, wo sie als individuell ausgewähltes Element gewünscht ist. Zum Beispiel im Gummidruck, bei dem Farbe ausgesprochen differenziert eingesetzt werden kann oder im Bromöl- oder Öldruckverfahren, wo die Einfärbung des Gelatinereliefs mit (Druck)- Farbe unterschiedlichster Tönung möglich ist.

Bei der Cyanotypie liegt die finale Farbe aufgrund chemischer Reaktionen immer im blauen Bereich – mit kleinen Nuancen.

Die feine, amorphe Verteilung der Edelmetalle führt beim Platin/Palladiumdruck immer zu mehr oder weniger braunen, schwarzbraunen oder kaltschwarzen Bildtönen – je nach gewähltem Papier und angewandter Verfahrenstechnologie (POP = Entwicklungsprozess).

Letztlich hängt fast alles bei den handgemachten Verfahren am seidenen Faden der Chemie. Das heißt nicht, dass nur Chemiker in der Lage wären, diese Arbeitstechniken auszuführen, dass nicht, aber ein grundsätzliches Verständnis für chemische Abläufe sollte man sich schon aneignen. Weniger aus Gründen des "tiefen Eindringens" in die Materie, als vielmehr aus Sicherheitsgründen.

Halt, so schlimm ist es nun auch wieder nicht! Manche chemischen Substanzen sind schon sehr giftig, zugegeben, aber wenn Sie normalen Filmentwickler trinken würden, ging es ihnen bestimmt auch schlecht, wetten?
Spaß beiseite, sie sollten auf jeden Fall Handschuhe anziehen und bei bestimmten Vorgängen ist eine Atemschutzmaske nicht verkehrt. Ganz besonders dann nicht, wenn pulvrige Substanzen abgewogen werden und dabei feinste Partikel in die Luft emittieren. Als gefährlichstes, akkumulatives Gift muss man hier alle Chromate nennen, die man aus diesen – und anderen, explosiven Gründen – auch nicht so ohne weiteres in der Chemiehandlung kaufen kann. Aus Sicherheitsgründen ist diese Substanz schon von Haus aus mit etwa 5% Feuchtigkeit versehen, damit es auf keinen Fall zu Staubbildung kommen kann. Abgesehen davon ist diese Chemikalie in staubtrockenem Zustand hochexplosiv.
Wie auch immer, hier ist größte Vorsicht geboten! Auch sollte man bei Chrombädern NIE ohne Handschuhe arbeiten, denn Chromate sind zusätzlich ein effektives Hautgift, das schnell zur Bildung unangenehmer
Ekzeme führen kann.

Folgende Verfahren (Chromatverfahren) arbeiten mehr oder weniger mit Chromsubstanzen:

  • Gummidruck

  • Bromöl/Öldruck

  • Pigmentdruck

  • Heliogravüre
     

Beim Platindruck und bei der Cyanotypie kommen relativ kleine Mengen des Ammoniumdichromat zur Kontraststeigerung zum Einsatz.

An zweiter Stelle der Negativskala muß man die Platin- und Palladiumsalze nennen, deren Virulenz man an den Richtlinien messen sollte, die allgemein für Schwermetalle gelten. Größte Vorsicht muß man beim Abwiegen dieser Salze walten lassen, die werksseitig nicht mit zusätzlicher Feuchtigkeit präpariert werden und dadurch u.U. sehr stauben können. Vor allem das Palladiumchlorid ist feinkörnig wie Kakao, so dass hier beim Handling die Atemschutzmaske unbedingt aufgesetzt werden sollte. Wer das Abwiegen vermeiden will, sollt auf sog. User-Kit’s der Fa. Bostick & Sullivan ausweichen, bei denen die Chemie schon als wässrige Lösung vorliegt.

Für Anfänger allemal zu empfehlen.

Die diversen Oxalate (Salze der Oxalsäure) sind bei weitem nicht so giftig wie z.B. die Chromate, aber Vorsicht ist auch hier angesagt. Verwendet werden Oxalate in der Regel nur beim Platindruck in Form von Eisen-III-oxalat, Ammoniumeisen-III-oxalat und evtl. als Entwicklersubstanz das Kaliumoxalat, das aber gut substituiert werden kann. Ich persönlich empfehle als Entwickler für den Platindruck das Ammoniumcitrat. Es ist völlig ungiftig und die Ergebnisse sind ausgezeichnet. Mit fortgeschrittener Nutzungsdauer reichert sich dieser Entwickler notgedrungen mit zwei- und dreiwertigen Eisensalzen an, so dass sukzessive auch hier die Harmlosigkeit der Substanz ein Ende findet.

Die Chemie für die Cyanotypie (Blaudruck) ist als moderat giftig einzuordnen. Im Kaliumhexacyanoferrat-III – nomen est omen – versteckt sich eine sog. Cyangruppe, eine Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindung, die bei Zusammenführung mit starken Säuren unter Umständen das hochgiftige Gas Cyanwasserstoff (HCN) bilden kann. Die normale Verfahrenstechnik schließ ein solches Missgeschick eigentlich aus. Aber wissen sollte man schon, womit man es zu tun hat, denn Cyanwasserstoff ist tödlich giftig. Das ebenfalls bei der Cyanotypie verwendete Ammoniumeisen-III-citrat ist eine minder giftige Verbindung, sollte aber nicht unbedingt eingeatmet werden.

Ach ja, Säuren... Salzsäure ist in konzentrierter Form stark ätzend und mit Vorsicht zu handhaben. Handschuhe und Schutzbrille sind obligatorisch. Einatmen der Dämpfe kann zu starken Verätzungen der Lunge führen.

Hilfsmittel wie Tween 20TM, Glyoxal oder EDTA sind als eher harmlos einzustufen.

Weitere Informationen über die Chemikalien findet man auf der Product Information Site von Bostick & Sullivan.

Mildernd muss ich am Ende dieser Informationen betonen, dass bei normalem und vernünftigem Umgang mit der Chemie selbst kleinere Katastrophen ausgeschlossen sind. Einzig die Chromsalze sind bei dauerhaftem Gebrauch mit Vorsicht zu genießen und die Sicherheitsbestimmungen sind strikt einzuhalten.

  • Das wichtigste zum Schluss: Lassen Sie keine Kinder auch nur in die Nähe Ihres Labors, die wissen leider nichts von Sicherheitsbestimmungen oder Gift, Ätz & Co...
     

In älterer Literatur (Hübl-Buch v. 1895) wird der Leser auf chemische Bezeichnungen treffen,
die heute nicht mehr aktuell sind.

Hilfe bringt in diesen Fällen vielleicht meine Seite mit chem. Synonymen.

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