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Faszination des Blauen, die Cyanotypie

Eine Arbeit, geschrieben von Rainer Kassel, Bielefeld,
im Rahmen einer Studienarbeit an der FH Bielefeld ca. 1991/92.

 

Einleitung
Die Cyanotypie - ein historisches Bildverfahren
Die Faszination des Blauen
Der positive und negative Cyanotypie-Prozeß
Chemikalien. Zubehör und Rezepte
Chemiekalienliste mit Synonymen aus alter Literatur:
Rezepturen
Negativer Grund-Cyanotypieprozeß nach Rainer Kassel
Vorlagen und Trägermaterialien
Die Beschichtung
Die Belichtung und Entwicklung
Quellen und Literaturhinweis

 

Einleitung 

Die folgenden Seiten erläutern die Anfänge und weitere Entwicklungen des Verfahrens und eröffnen dem praktischen Teil den dazugehörigen historischen Hintergrund. Eine weitergehende Betrachtung des Blaus beleuchtet die dem Verfahren immanente Farbe durch wissenschaftliche und philosophische Ansätze. Die Rezepte im praktischen Teil wurden experimentell nachvollzogen und auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Sie sollten aber trotzdem durch eigene Versuche den persönlichen Bedürfnissen angepaßt werden. Diese Zusammenstellung soll das Verfahren der Cyanotypie die neben dem großen Bruder Platinotypie ein Schattendasein führt, etwas mehr in das Licht des fotografischen Geschehens rücken. Für den einfachen und kostengünstigen Blaudruck, der schon im letzten Jahrhundert zum Lichtpausverfahren degradiert wurde, wäre ein erweitertes Anwendungsfeld wünschenswert, das von der didaktischen Einführung der Fotografie in Schulen bis hin zu ungewöhnlichen künstlerischen Anwendungen reichen kann.

 

Die Cyanotypie - ein historisches Bildverfahren.

Johann Wolfgang Doebereiner erkannte schon 1831 die Lichtempfindlichkeit des Ferrioxalats und veröffentlichte die Grundlage von diesem photochemischen Prozeß, der zur späteren Erfindung der Cyanotypie und des Platindrucks führte. Das Verfahren der Cyanotypie gehört zu den ältesten Kontaktkopierverfahren. Es wurde zum erstenmal im Jahre 1842 von dem englischen Astronom Sir John Herschel in einem Memorandum an die Royal Society mit dem Titel "On the Action of the solar Spectrum" genau beschrieben. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Verfahren zur industriellen Fertigung von Lichtpauspapier eingesetzt. Neben der Platinotypie gehört die Cyanotypie zu den lichtbeständigsten fotografischen Verfahren.
Im heutigen 20. Jahrhundert zählen die sog. "photographischen Blaudrucke" - auch "Turnbull-Blaudruck" oder "Ferro Prussiat-Prozeß" zu den vergessenen und nicht mehr praktisch angewandten Bildverfahren.
Die Cyanotypie gehört nicht zu den sog. Edeldruckverfahren wie Gummi- oder Öldruck, die viele Möglichkeiten der Manipulation bei der Positivgestaltung zulassen, sondern zu den Positivverfahren, bei denen die Beeinflußbarkeit nicht oder nur gering möglich ist.
Schon die Tatsache dieser Einteilung zeigt den Stellenwert in der Geschichte der Fotografie deutlich auf. Der Prozeß der Cyanotypie war kein Medium von Künstlern, sondern Handwerkszeug, um schnell und günstig Kontaktkopien und Lichtpausen zu erhalten. So setzte schon Herschel selbst das Verfahren ein, um "Abschriften" von seinen komplizierten Berechnungen herzustellen, damit Fehler bei dem manuellen Kopieren vermieden wurden. Aus dieser Zeit stammen auch die von ihm eingeführten und heute zur Grundlage der Fotografie gehörenden Begriffe "Positiv" und "Negativ".
Anna Atkins, die Tochter eines Zoologen und mit Sir John Herschel bekannt, war die erste, die das Verfahren in größerem Umfang praktiziert hat. Die drei Bände "Photographs of British Algae: Cyanotype Impressions" die in den Jahren 1843 bis 1853 entstanden, sind ein sehr früher Beleg für die Anwendung des Verfahrens.
Um 1875 führte die Londoner Firma Marion & Co ein fertig konfektioniertes Blaudruckpapier unter dem Namen "Ferro-Prussiat" auf dem Markt ein. Das Papier wurde zum schnellen und kostengünstigen Kopieren von Zeichnungen und Plänen verwendet. Neben diesen Papieren kamen in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts auch gebrauchsfertige Sensibilisierungsflüssigkeiten aus Frankreich in den Handel, die in Steinkrügen und dunklen Flaschen aufbewahrt wurden.
Aus dieser Zeit kommen die Begriffe Blau- oder Lichtpause, die wir heute noch in der Umgangssprache für die Ozalithkopie verwenden.
Fast ausschließlich fand der negative Cyanotypie-Prozeß Verwendung. Die Lichtpausen des 19. Jahrhunderts hatten demnach im Gegensatz zu den modernen einen blauen Untergrund mit weißen Linien. Herschel beschrieb schon 1842 ein positiv arbeitendes Verfahren, das sich in der Praxis aber nicht durchsetzen konnte.
Erst 1877 vervollkommnete Pellet den positiven Blaudruckprozeß und stellte im Jahre 1879 im Palais de I'Industrie in Paris positive Lichtpausen mit dunkelblauen Linien auf weißem Grund aus.

Um das Verfahren der Cyanotypie herum bildete sich in der durch die industrielle Revolution geprägten zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts ein kleiner Industriezweig. Es entstanden große automatische Streichmaschinen für Lichtpauspapiere, einfache Lichtpausmaschinen und solche mit angeschlossener Spülung und Trocknung und zuletzt natürlich auch Kopierrahmen, die in der größten Ausführung sogar Vakuumsaugpumpen verwendeten, um Original und Pauspapier im engen Kontakt zu halten.

Bis um 1920 verwendeten Fotoamateure das Verfahren zur Herstellung günstiger Probeabzüge von ihren Negativen. Noch heute kann man die Chemikalien in den Lernspielkästen für Kinder von der Firma "Kosmos" finden. Zu einer historisch bemerkenswerten Anwendung der Cyanotypie kam es während des Burenkrieges um 1900 in Südafrika, als die Stadt Mafeking sieben Monate von den Buren belagert wurde. Die Vorräte an Geld und Briefmarken gingen aus. Der englische General Baden-Powell, der die Stadt verteidigte, sah nur den Ausweg, beides selbst zu drucken. Er wandte sich an den Amateurphotographen E. J. Ross, der wegen der Eierknappheit kein Albuminpapier herstellen konnte und das einfache und praktische Verfahren des Eisenblaudrucks einsetzte. Von Baden-Powells Entwurf einer Ein-Pfund-Note wurden fünf Negative und jeweils hundert Abzüge hergestellt. In der "Münze", die sich in einem Unterstand befand, konnte Ross pro Tag zwanzig Scheine drucken. Um Fälschungen zu verhindern, wurden diese Geldscheine mit zwei echten Unterschriften in Verkehr gebracht. Nicht anders war es zur gleichen Zeit mit den Briefmarken von Mafeking bestellt, die nach der Vervielfältigung mittels der Cyanotypie in Umlauf kamen. Die Eine-Pence-Marke zeigt einen Radfahrer der sog. "Iocal Post", die Drei-Penny-Marke zeigte den General persönlich. So zählen diese unfreiwilligen Beiträge der Fotogeschichte zur Rarität von manchen Philatelisten.

 

Die Faszination des Blauen

Die Farbe Blau entsteht zwangsläufig bei dem Zusammenwirken der beiden an dem Prozeß beteiligten Chemikalien Ammoniumeisen(III)-Citrat und Kaliumhexacyanoferrat-III.
Dabei ist letztere für die Farbe Blau verantwortlich, genauer das Turnbullblau, eine Abart des Berliner-Blau. Die Bezeichnung "Cyanotypie" leitet sich demnach vom Kaliumhexacyanoferrat ab, die Herschel l842 selbst prägte. Der Begriff Cyan leitet sich vom griechischen Wort "kyanos" ab und ist die Bezeichnung für "stahlblau". Die blaue Zwangsläufigkeit, von möglichen Tonungen abgesehen, unterscheidet das Verfahren von den heute wieder angewandten Edeldruckverfahren, die, wie beim Gummi- und Öldruck, eine freie Farbwahl zulassen. Die Cyanotypie reiht sich in die historischen Fotografischen Verfahren als blau arbeitendes Kontaktkopierverfahren ein, das sich durch einfache Verarbeitung und hohe Lichtbeständigkeit auszeichnet. Frühe Anwender wie Anna Atkins und solche, die das Verfahren zur Herstellung von Lichtpausen einsetzten, schätzten sicherlich die beiden letzteren Merkmale. Niemand stellte sie wegen der ihr eigenen Farbe Blau her. Heute, nachdem das Angebot an Kopier- und Tonungsverfahren so reichhaltig ist, bieten sich dem kreativen Fotografen einfache Möglichkeiten, blaue Silberbilder durch Tonung zu bekommen. Die Cyanotypie könnte in der Fotogeschichte verschwunden bleiben. Die Freude an der ursprünglichen, relativ einfachen Technik und die Tatsache, das Trägermaterial fast beliebig wählen zu können, sowie die Möglichkeit. das Blau als Gestaltungsmittel einzusetzen, machen das Verfahren auch heute noch reizvoll. Vielleicht ist es sogar eine alchimistische Fügung, bedeutet die Farbe Blau doch für den Menschen mehr als nur die Farbe eines historischen Eisensalzkopierverfahrens.

Blau. Bez. für jede vom Gesichtsinn vermittelte Farbempfindung, die durch Licht einer Wellenlänge zw 440 und 485 nm (blaues Licht) oder durch additive Farbmischung von Grün und Violett oder durch subtraktive Mischung von Blaugrün (Cyan) und Purpur (Magenta) hervorgerufen wird. Licht der Wellenlänge 470 nm ergibt ein Blau, das weder rötlich noch grünlich ist.

Brockhaus Enzyklopädie, Mannheim 1987.

Deutlich wird dabei, daß man nicht von der Farbe Blau spricht, sondern von einer Farbempfindung. Die Naturwissenschaft ist sich einig: unsere Außenwelt ist farblos. Das scheinbar objektive Sehen unserer Augen ist nur Imagination. Vielleicht ist die Cyanotypie gar nicht blau, und unsere Farbempfindung hat uns getäuscht?

Auch wenn es sich um eine Täuschung handelt, so wurde die Menschheit beim Betrachten von allem Blauen schon lange hinter das Licht geführt. Gab es doch den wertvollen indigo der anfänglich verboten war und als "fressende Teufelsfarbe" bezeichnet wurde um den heimisch angebauten Wald nicht zu verdrängen Die Waidpflanze lisatis tinctoria1 wurde schon im 3 Jahrhundert zum blauen Färben benutzt, und der Indigo konnte sich, nicht zuletzt durch landesspezifische Verbote, nur langsam durchsetzen. Dieses Verfahren übten gelernte Blaudrucker aus, und die Blaufärberei war ein eigenständiges Handwerk.

Blau ist auch die Farbe der Literaten. In dem Märchen "Das blaue Licht" von den Gebrüdern Grimm ist es die Farbe der Götter und Geister. Bei "Heinrich von Ofterdingen" von Novalis ist es die blaue Blume, die der Jüngling in seinem Traum zu erblicken hofft.
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wird das Blau zum Inbegriff der Fantasie und der transzendenten Imagination. Herbert Achternbusch sieht obengenannte Blume nun doch in einem anderen Umfeld: "Die blaue Blume ist das Gegenteil von einem Salzhering, von einem Bratwürstel oder sonst was" (Missing Link. 1987).
Und zuletzt: Blau ist Mode. Heute wie vor 100 Jahren ist Blau unsere Farbe. Nicht nur daß der Blaue, oben links, von den Olympischen Ringen Europa repräsentiert, auch die Europaflagge zeigt auf blauem Grund zwölf kleine, gelbe Sternchen. Untersuchungen zeigen in übereinstimmender Regelmäßigkeit, daß etwa 50% der Erwachsenen Blau als ihre Lieblingsfarbe angeben, gefolgt von Grün mit schwachen 25% .
Die statistischen Untersuchungen beweisen: "Europa ist reif für die Cyanotypie".

Der positive und der negative Cyanotypie-Prozeß

Beide Prozesse basieren auf der 1842 von Herschel veröffentlichten Schrift und beruhen auf der Erkenntnis, daß das Ammoniumeisen-III-Citrat lichtempfindlich ist. Bei der Kombination mit dem Kaliumhexacyanoferrat-III entsteht nach der Belichtung an den belichteten Stellen eine Abart des Berliner-Blau, das sog. Turnbullblau. Dies stellt die Grundlage des Verfahrens dar und erlaubt günstige, qualitativ hochwertige negative Kopien von den Vorlagen zu erhalten.
Das von ihm beschriebene Positiv-Verfahren, bei dem Kaliumhexacyanoferrat (II) eingesetzt wurde, war dagegen noch nicht praxistauglich, da kein reinweißer Grund erzielt werden konnte. Bei der Verwendung von Hexacyanoferrat-II bildet sich das Berliner-Blau in der Kombination mit dem Berliner-Weiß, das unter Einwirkung des Sauerstoffs der Luft jedoch schnell blau wird. Die in der Umgangssprache gebräuchliche Bezeichnung "Blutlaugensalz" für das Hexacyanoferrat-III ist auf das Herstellungsverfahren zurückzuführen, bei dem stickstoffhaltige tierische Substanzen wie Blut mit Eisenfeilspänen und Kaliumkarbonat erhitzt werden.
Bei der Zugabe von Säuren entsteht das hochgiftige Cyanwasserstoff (Blausäure). Dies ist besonders bei Nachbehandlungen von Cyanotypien zu beachten.

Herschel beschreibt am 17. November 1842 das positiv arbeitende Verfahren:

"Ammoniumeisencitratpapier, auf dem ein latentes Bild entstanden war, wird kurz mit einer Lösung von gelbem Blutlaugensalz gewaschen: das negative Bild verschwindet bei der Anwendung der Flüssigkeit, und an seiner Stelle erscheint langsam ein positives Bild von violettblauer Farbe auf grünlichgelbem Grund. das einen hohen Grad an Schärfe besitzt und von besonderer Schönheit und Delikatesse der Farbe ist".

Auch Baudesson und Houzeau beschrieben 1863 einen ähnlichen Kopierprozeß, konnten den Fehler aber ebenso nicht beseitigen. Erst Pellet vervollkommnete das Positivverfahren 1877 indem er zusätzlich Gummi arabicum und Eisenchlorid einsetzte, um mit einer gelben Blutlaugensalzlösung zu entwickeln und einem abschließenden verdünnten Salzsäurebad zu klären. Eine weitere Verbesserung erfuhr der Prozeß 1881 durch Pizzighelli, der ein modifiziertes Verfahren zur praktischen Ausübung beschrieb.
Doch obwohl das Pelletsche positive Lichtpausverfahren von mehreren Lichtpausanstalten praktisch ausgeübt wurde, kam das präparierte Papier nicht in den Handel, da die Herstellung und Verarbeitung komplizierter war als bei dem Negativverfahren.
Dagegen verursachte die Einfachheit des Negativverfahrens eine große Verbreitung beim Kopieren von Plänen und Zeichnungen. In den Anfängen wurde noch das braune (basische) Ammoniumferricitrat eingesetzt. Erstmals erwähnte Valenta 1897 den Einsatz von grünem (saurem) Ammonumferricitrat, bei dem man mit einer etwas anderen Zusammensetzung ein um etwa achtfach lichtmpfindlicheres Pauspapier herstellen konnte.

Später wurde noch erkannt. daß die Empfindlichkeit durch Zugabe von Oxalsäure oder Ammoniumoxalat erhöht werden konnte und durch den Zusatz von Ammoniumbichromat die Intensität des Blaus und die Reinheit des Weißen gesteigert werden konnte. Nach ausreichender Belichtung und Entwicklung unterscheidet man neben dem reinen Berliner-Blau noch das basische Berliner-Blau, das durch die Einwirkung von Säuren zum reinen umgewandelt wird. Lösliches Berliner-Blau entsteht, wenn der Anteil des Hexacyanoferrats zu groß ist.

Bei der Entwicklung löst sich das durch die Belichtung gewonnene BIau im Wasser. Dies kann man auch deutlich in der Praxis erkennen. Das Wasser sollte nach der Entwicklung nicht blau. sondern gelbgrün sein. Bei einer richtigen Sensibilisierung entsteht das blaue Bild an den belichteten Stellen. Es handelt sich um eine mechanische Ablagerung des Turnbull-Blaus, das sich um die Papierfaser oder auf einem anderen geeigneten Träger ablagert.

Chemikalien, Zubehör und Rezepturen.

Bevor die praktische Arbeit beginnt, sollte man sich neben den notwendigen Chemikalien auch sinnvolles Zubehör besorgen. Obwohl man für das negative Verfahren zwingend nur die ersten zwei der aufgelisteten Chemikalien benötigt, und die Töpfchen für erste Versuche einer gut ausgestatteten Küche entnehmen kann, sollte man doch die Kosten und Mühen nicht scheuen und sich im Laufe der Zeit professionelle Gerätschaften zulegen, um eine annehmbare Konstanz in die Verfahren zu bringen. Sorgfältiger Umgang mit Chemikalien und strenge Sauberkeit vermeiden nicht nur körperliche Schäden, sondern helfen auch Fehlern vorzubeugen Chemikalien müssen je nach ihren toxikologischen oder ökotoxikologischen Eigenschaften entsorgt werden. (Siehe weiterführende Literatur)

Chemiekalienliste mit Synonymen aus alter Literatur:

Die umfangreiche Synonymliste dient der leichteren Orientierung in der Fachliteratur der vergangenen 150 Jahre.

Ammoniumeisen(III)-Citrat grün
Ammoniumferricitrat: Ferriammoniumcitrat; zitronensaures Eisenoxydammon;
Ferric ammonium citrat (engl.)

Kaliumhexacyanoferrat-(III)
rotes Blutlaugensalz; Kaliumferricyanid: Eisenblausaures Kali; Ferricyankalium; Kaliumzyanoferrat(lll); Trikaliumhexacyanoferrat; potassium ferricyanide (engl.).

Kaliumhexacyanoferrat-(II)
gelbes Blutlaugensalz; Kaliumferrozyanid; Kaliumzyanoferrat(II); Tetrakaliumhexacyanoferrat; potassium ferrocyanide (engl.); Ferrocyanure de potassium (frz.).

Chromalaun
Kaliumchrom(lll)-Sulfat; potassium chrome alum (engl.).

Eisen(III)-Chlorid
Eisenchlorid; Ferrichlorid; Ferric chloride (engl.); Chlorureferrique (frz.).

Kaliumoxalat
Kaliumhydrogenoxalat;Oxalsäure; Kleesäure; Äthandisäure.

Kaliumhydroxyd
Kaliumhydrat; Ätzkali.

Kaliumpermanganat
übermangansaures Kalium.

Ammoniumperoxyddisulfat
Ammoniumpersulfat; Ammoniumperoxysulfat.

Natriumcarbonat
Soda.

Ammoniumdichromat
Ammoniumbichromat.

Salzsäure
Chlorwasserstoffsäure

Gelatine weiß, Pulver.

Gummi arabicum.

Destilliertes Wasser.

 

Zubehör:

  • ChemikaIienwaage möglichst mit 1/10 Gramm Eichung.

  • Bechergläser aus Glas, verschiedene Größen.

  • Apothekerflaschen aus braunem Glas. verschiedene Größen mit Tropfpipetten.

  • Mensuren in verschiedenen Größen.

  • Meßlöffel und Glasstäbe zum Umrühren.

  • Filter mit FiItrierpapier.

  • Elektrischer Magnetrührer.

  • Pinsel, Kartonstücke. Reagenzglaspinsel, Blanchard Brush, Baumwollappen.

  • Wattestäbchen zum Auftragen der Vorbeschichtung und der Sensibilisierung.

  • Kopierrahmen oder Glasplatte: keine

  • Doppelglasplatten verwenden, sie reduzieren den zum Kopieren wertvol len Anteil an UV-Licht.

  • Handschuhe, Atemmaske, Schutzbrille und Plastikschürze.

 

Rezepturen:

Gelatinelösung
  • 5-8 g Pulvergelatine für Papier, 

  • 10 g für Glas und glatte Materialien,

  • 100 ccm dest. Wasser,

  • 2 ccm 5%ige Chromalaunlösung.

Die Gelatine eine halbe Stunde in kaltem Wasser vorquellen lassen. Danach in heißem Wasserbad auflösen.
Wenn sich die Gelatine vollständig gelöst hat die Chromalaunlösung zusetzen.

Chromalaunlösung
  • 5 g Chromalaun,

  • 100 ccm dest. Wasser.

Das Chromalaun in dem dest. Wasser auflösen und durch einen Filter in eine Chemikalienflasche gießen.
Die Lösung ist lange haltbar.

 

Negativer Grund-Cyanotypieprozeß nach Rainer Kassel

Stammlösung 1:
  • 25 g Ammoniumeisen(III)-Citrat grün,

  • l00 ccm dest. Wasser.

Ansatz unbedingt im Kühlschrank aufbewahren, da er zur Schimmelbildung neigt (evtl. Zugabe von einigen Tropfen Kaliumpermanganat 1%, um einer Schleierbildung vorzubeugen).

Stammlösung 2:
  • 16 g Kaliumhexacyanoferrat-(lll),

  • 100 ml dest. Wasser.

Beide Stammlösungen durch einen Filter in lichtgeschützte Vorratsflaschen geben. Getrennt sind beide Lösungen im Kühlschrank lange haltbar. Beide Vorratslösungen werden bei Gebrauch zu gleichen Teilen gemischt. Es ergibt sich ein Mischungsverhältnis von 1 : 0.64.

 

Nachbehandlung und Tonung beim negativen Prozeß:

Klärungsbad
  • 3 g Kaliumoxalat.

  • 3 g Chromalaun

  • 100 ccm dest. Wasser

Brilliant-Endbad (Schönen der Cyanotypie)
  • 20 g Ammoniumdichromat.

  • 100 ccm dest Wasser.

Cyanotypien werden brillianter wenn man sie nach dem Trocknen in ein Bad aus 10 ccm 20%iger Ammoniumdichromatlösung je Liter Wasser legt

Anschließend folgt die Endwässerung.

Retuschierlösung Zur Detailwegnahme
  • 15 g Kaliumoxalat,

  • 100 ccm dest Wasser.

Zum Schreiben kann die Lösung mit Gummi arabicum angesetzt werden, damit die Buchstaben nicht ausfließen

Tonung in schwarze Tintenbilder

Abschwächerbad

  • 4 g Kaliumhydroxid.

  • 100 ccm dest Wasser

Tonungsbad:

  • 4 g Pyrogallol (Tannin, Gallussäure)

  • 100 ccm dest. Wasser.

Vorlagen und Trägermaterialien

Da es sich um ein Kontaktkopierverfahren handelt benötigt man negative oder positive originalgroße Vorlagen, je nachdem welches Verfahren angewandt wird. Der Blaudruck bildet nur eine stark reduzierte Tonwertskala eines normalen Negativs ab und eignet sich nicht, um hochwertige Abzüge in der bildnerischen Fotografie herzustellen Dagegen ist es ein gutes Medium für Fotogramme, bei denen auch die sonst teueren großformatigen Negative wegfallen. Besonders interessante Vorlagen sind digitalisierte Schrift- und Rasterfilme, die man mit dem Computer selbst gestalten kann, um sie in einem Belichtungsstudio negativ ausbelichten zu lassen. Mit diesem Verfahren kann man durch Rasterung in einem Abzug gezielte prozentuale Blautöne erhalten. Grundsätzlich kann aber jede transparente Vorlage verwendet werden.

  • Fotogramm,

  • Cliché-Verre,

  • Film,

  • Negative und

  • Papiernegative, die mit "Marabu Klarpaus" transparent gemacht wurden.

Eigentlich bräuchte man bei der Cyanotypie überhaupt nicht über das Trägermaterial zu sprechen. Auf fast allem läßt sich ein Blaudruck anbringen. Wenn die Oberfläche zu glatt ist, muß sie gelatiniert werden. Bei der Auswahl des Trägers sollte trotzdem folgendes beachtet werden:

Der Untergrund braucht einen gewissen Grad an Festigkeit, um eine zweimalige Wässerung zu überstehen. Bei einer mehrfachen Belichtung ist das Schrumpfverhalten zu berücksichtigen. Es bietet sich an, das Material in einem zehnminütigen Wasserbad vorschrumpfen zu lassen. Man achte darauf, daß langsam und nicht warm getrocknet wird. Einige Kartons, vor allem solche, die kaschiert sind, enthalten Chemikalien die sich bei der Beschichtung lösen und eine lichtempfindliche Sensibilisierung nicht möglich machen. Bei textilen Stoffen wie Baumwolle. Leinen oder Seide sollten reine hundertprozentige Materialien ohne Kunststoffanteil verwendet werden.

Die Beschichtung

Glatte oder zu faserige Papiere und Untergründe wie Glas, Kunststoff oder Metalle müssen vor der Sensibilisierung mit einem Gelatineüberzug versehen werden. Gelatine wird durch Kochen tierischer Bestandteile, wie Sehnen, Knorpel oder Knochen gewonnen. Bei Papieren empfiehlt sich eine 5-%ige, bei Glas und anderen glatten Materialien eine 10-%ige Vorgelatinierung.

Baumwolle, Leinen oder Seide werden ein-oder zweimal in 1-%iger Gelatinelösung gebadet. Dabei wird die abgewogene Menge an Gelatine eine halbe Stunde in destilliertem Wasser zum Vorquellen angesetzt. Wenn man die Substanz nicht quellen läßt, wird sie braun, sie "brennt an". Danach wird die Gelatine in einem heißen Wasserbad geschmolzen. Um die Gelatine zu härten, kommt eine schwache Chromalaunlösung hinzu.

Es ist zu beachten, daß nach dem Zugeben des Chromalauns das Gemisch noch nachdickt. Danach wird die noch sehr heiße Gelatine mit einem flachen, breiten Borsten- oder Schaumstoffpinsel auf den Träger aufgebracht, wobei das Gefäß im heißen Wasserbad bleiben sollte. Die Gelatine darf in der Zeit des Auftragens nicht abkühlen, da sie sonst erstarrt, und eine glatte Beschichtung nicht mehr möglich ist. Bei der Beschichtung von Glas empfiehlt sich, die Platte mit einem Fön oder einer Heizmatte aufzuwärmen, um eine gleichmäßige Gelatinierung zu erhalten. Das Verhältnis der beiden an dem negativen Prozeß beteiligten Chemikalien ist nach eigenen Untersuchungen ziemlich variabel. Auch die veröffentlichten Rezepturen weisen diesbezüglich einige Toleranzen auf. Herschel gibt bei seinen Originalüberlieferungen keine Mengenangaben an.

Die Belichtung und Entwicklung.

Nachdem die lichtempfindliche Schicht auf dem Träger vollständig durchgetrocknet ist, kann die Belichtung erfolgen. Das Kopieren in der Sonne ist am einfachsten und für erste Versuche gut geeignet. In der Mittagssonne ergeben sich Belichtungszeiten von 6 - 12 Minuten. Leider liefert diese Art des Belichtens keine konstanten Ergebnisse. Um reproduzierbare Kopien zu erhalten, sollte man mit Kunstlichtquellen arbeiten. Es eignen sich nur Lampen mit einem hohen UV-Anteil. Besonders geeignete Punktlichtquellen sind die teueren Halogen-Metalldampflampen oder die preiswertere Osram Vitalux 300 mit E 27 Schraubfassung. Um großflächige Cyanotypien zu kopieren, benötigt man Belichtungskästen, die mit UV-Schwarzlichtröhren bestückt sind. Bei diesen künstlichen Lichtquellen ergeben sich Belichtungszeiten von 5 - 15 Minuten.

Die Vorlagen werden in einem Kontaktkopierrahmen belichtet. Eine richtig belichtete Cyanotypie ist in den Schatten grau und in den Lichtern noch blau. Prinzipiell sollte man lieber reichlicher belichten, da die Kopien beim Entwickeln viel heller werden. Bei der Belichtung von Textfilmen ist eine absolute Planlage des Films notwendig, die aber bei großen Objekten nicht mehr gewährleistet ist. Abhilfe schafft nur ein auch in der Drucktechnik eingesetzter Vakuumsaugrahmen.

Das Entwicklerbad besteht aus Leitungswasser. Die Cyanotypie verbleibt mit der Schichtseite nach unten drei bis vier Minuten im Wasserbad und sollte am Anfang nicht zu stark bewegt werden. Bei glatten Trägern muß ganz vorsichtig entwickelt werden, damit das gewonnene Turnbull-Blau in der empfindlichen Gelatineschicht sich nicht im Wasser löst.

Nach der Entwicklung, die auch gleichzeitig die Fixierung bildet und vollständiger Trocknung, können Cyanotypien entsprechend der angegebenen Rezepte nachbehandelt oder getont werden. Blaue Flecken und Fehler können ganz einfach mit einer Kaliumoxalatlösung wegretuschiert werden. Mit der gleichen Lösung kann man auch mit einer Ziehfeder auf belichtete Stellen schreiben.

Eine endgültige Beurteilung der Cyanotypie ist erst nach dem Trocknen möglich, da erst dann das tiefe Turnbullblau anstelle des Himmelblau des nassen Druckes tritt. Cyanotypien sind lange haltbar, was man an den noch erhaltenen Originalen von Anna Atkins erkennen kann. Trotzdem sollte man sie keiner permanenten Sonnen- und Lichteinwirkung aussetzen, da das Blau im Laufe der Jahre verblassen würde.

Folgende Zusammensetzungen von Ammonium-eisen(lll)-Citrat und Kaliumhexacyanoferrat-(lll) konnten in der zur Verfügung stehenden Literatur gefunden werden:

Valenta 1897 1 : 0,36 (mit Ammoniumoxalat zur Empfindlichkeitssteigerung)

Krone 1907 1 : 0,64

Eder 1929 1 : 0,54 (mit braunem Ammoniumeisen(lll)-Citrat)

Eder 1941 1 : 0.36

Wade 1978 1 : 0.68

Heidtmann 1979 1 : 0.40

Arnow 1982 1 : 0.50

Die Zusammensetzung der von mir eingesetzten Lösung liegt nach mehrjähriger Erfahrung bei 1 : 0.64. Versuchsreihen ergaben brauchbare Blau- und Kontrastwerte bei Zusammensetzungen von 1 : 0.39 bis 1 : 0,91.

Vor Gebrauch mischt man die benötigte Menge aus gleichen Teilen der beiden Stammlösungen. Ein geringer Zusatz von Ammoniumdichromat verstärkt das Blau. vermindert aber die Lichtempfindlichkeit. Schwache Oxalsäurelösung erhöht die Empfindlichkeit, reduziert aber die Haltbarkeit. und die Beschichtung neigt eher zur Schleierbildung. Persönlich bevorzuge ich das Standardverfahren mit anschließendem Brilliant-Endbad. Das Gemisch ist nun lichtempfindlich und weitere Arbeitsschritte sollten im Dämmerlicht geschehen. Die Sensibilisierung geschieht mit Pinsel, kleinen Kartonstücken oder einem sog. Reagenzglaspinsel, den man sich leicht selbst herstellen kann. Auf das mit der lichtempfindlichen Mischung gefüllte Reagenzglas wird ein Wattestopfen gesteckt Mit diesem einfachen Gerät lassen sich Beschichtungen nach dem Prinzip des Filzstiftes durchführen. Bei dem Blanchard Brush handelt es sich um ein handliches Stück Glas, an dessen Ende mit einem Gummiring Verbandzellstoff oder dünner Schaumstoff angebracht wird. Bei glatten Materialien wie Glas empfiehlt sich nach dem Trocknen eine zweite Gelatineschicht aufzubringen, damit beim Entwickeln die Halbtöne besser erhalten bleiben und die im nassen Zustand sehr empfindliche Beschichtung geschützt wird. Das so hergestellte lichtempfindliche Material sollte spätestens nach ein bis zwei Tagen verwendet werden.

 

Quellen und weiterführende Literatur.

Atkins, Anna
Sun Gardens New York 1985
Facsimile der Arbeiten von 1843 bis 1853.

Snelling, Henri Hunt
A dictiìonary of photographic art.
New York. 1979. Facsimile von 1854.

Martin, Anton Georg
Handbuch der gesamten Photographie.
New York. 1979. Facsimile von 1854

Towler, M D.
The silver Sunbeam.
London 1974 Facsimile von 1864

Mercator, G.
Anleitung zur Herstellung von negativen
und positiven Lichtpausen
Halle, 1899

Krone, Hermann
Photographische Urmethoden,
Leipzig, 1985. Facsimile von 1907.

Eder, Josef Maria
Ausführliches Handbuch der Photographie, Band 4, Teìl 2,
Stuttgart. 1990. Facsimile von 1926.

Eder, Josef Maria
Ausführliches Handbuch der Photographie. Band 4. Teil 4
Halle. 1929.

Eder, Josef Maria
Geschichte der Fotografie Teil 1.2
New York. 1979 Facsimile von 1932.

 

Baier, Wolfgang
Geschichte der Fotografie.
Leipzig, 1966.

Fischer, Julius
Photokurs mit chemischen Versuchen,
Köln, 1966.

Wade, Kent E.
Alternative Photographic Processes,
New York, 1978

Heidtmann, Frank
Kunsthistorische Edeldruckverfahren
Berlin. 1979.

Arrow, Jan
Alternativ Photographic Processes.
New York, 1982.

Gernsheim, Helmut
Geschichte der Photographie.
Frankfurt, 1983.

Jäger, Gottfried
Bildgebende Fotografie,
Köln, 1988.

Lochmann, Angelika
Overath, Angelika (HG.) Das blaue Buch,
Nördlingen, 1988.

Baumann, W.
Fotochemikalien, Daten und Fakten zum Umweltschutz
Berlin/Heidelberg 1990

Bild: R. Kassel, Cyanotypie auf Glas1991

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